Die vierstündigen 1-Tages-Workshops vermitteln Wissen und praxisrelevante Fertigkeiten auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Plätze sind begrenzt; eine CME-Zertifizierung wird beantragt. Im Folgenden finden Sie eine Vorschau auf die über das Portal buchbaren 1-Tages-Workshops für den 26.11.2021.
Vorsitz: Waldemar Greil, Thomas Müller, Antje Heck, Tom Bschor
In allen neuen Leitlinien für Bipolare Störungen wird Lithium als Mittel der ersten Wahl genannt (in einigen sogar als einziges Mittel der ersten Wahl). Gerade jüngere Kolleginnen und Kollegen fühlen sich aber unsicher, diese Therapie einzusetzen, da viele medizinische Aspekte und Einschränkungen berücksichtigt werden müssen.
Ziele: Die Teilnehmenden werden in der Lage sein, Lithium in der Praxis einzusetzen und werden sich dabei kompetent und sicher fühlen. Insbesondere werden sie erlernen, welche Kontrolluntersuchungen erforderlich sind, welche Ko-Medikationen besondere Aufmerksamkeit verlangen und welche Kombinationstherapien erfolgsversprechend sind. Der Einsatz von Lithium in speziellen Patientengruppen (Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere, Ältere) wird ebenso vermittelt werden, wie Beginn und Dauer einer Lithiumtherapie. Fallbeispiele und praktische Übungen zur Anwendung von Lithium stellen einen wichtigen Teil des Kurses dar.
(inkl. Kombinationen und Alternativen und inkl. Thema Kinderwunsch, Schwangerschaft und Wochenbett bei Bipolaren Störungen)
Vorsitz: Matthias Nörtemann
Hypnotherapie wirkt als wissenschaftlich anerkanntes Verfahren nicht nur bei der Raucherentwöhnung oder in der Schmerztherapie, sondern lässt sich auch vielseitig und zeiteffektiv in den Stationsalltag einer psychiatrischen Allgemeinstation oder in die ambulante Patientenversorgung integrieren.
Zusätzlich zu den Techniken der klassischen Hypnose arbeitet die Erickson‘sche Hypnotherapie auch mit Therapieprinzipien, die auf den ersten Blick nur wenig mit „Hypnose“ zu tun zu haben scheinen. Kenntnisse dieser Prinzipien können im normalen Patientengespräch wie auch gerade in Krisensituationen den entscheidenden Unterschied machen und insbesondere die Arbeit mit „schwierigen“ Patienten erleichtern. Und wenn Sie bereits mit imaginativen Techniken arbeiten, sei es bei der Imagination eines sicheren Ortes oder den imaginativen Techniken der Schematherapie, dann kann ein solides Grundwissen zur Hypnotherapie Ihnen zu einem vertieften Verständnis verhelfen, wenn die Therapie mal nicht so läuft wie geplant.
In diesem Kurs möchte ich mit Ihnen wichtige Grundprinzipien der klassischen wie auch der Erickson’schen Hypnotherapie erarbeiten.
Dabei werden Sie Therapieprinzipien kennenlernen, die man auch als „Einsteiger“ gut in den Arbeitsalltag integrieren kann.
Methodik: Interaktiver Vortrag, Demonstration, Übungen.
Zielgruppe: Der Workshop ist offen für alle Interessierten, die therapeutisch mit Patienten arbeiten.
Vorsitz: Nahlah Saimeh
Psychische Störungen, die zum ersten Eingangsmerkmal des § 20 StGB zugeordnet werden (krankhafte seelische Störung), weisen hinsichtlich der Diagnostik und der forensisch-psychiatrischen Beurteilung insgesamt eine hohe Übereinstimmung zwischen Gutachter*innen aus. Auch bei der Intelligenzminderung helfen zumindest die testpsychologischen Untersuchungen, sofern sie richtig angewendet werden, um die Intelligenzfunktion zu erfassen und zu beurteilen.
Komplizierter wird es bei der Beurteilung des vierten Eingangsmerkmals, welches bis zum 31.12.2020 als „schwere andere seelische Abartigkeit“ zu beurteilen war und nun seit dem 01.01.2021 endlich als „schwere psychische Störung“ zu klassifizieren ist. Die Anforderungen an eine solche „schwere psychische Störung“ sind hoch, wenn es darum geht, einen forensisch relevanten Einfluss auf die Steuerungsfähigkeit zu beschreiben.
Zu diesem vierten Eingangsmerkmal gehören insbesondere schwere Ausprägungen von Persönlichkeitsstörungen und auch sexuell paraphile Störungen. Das Seminar ist ein Aufbau-Seminar und befasst sich ausschließlich mit der gutachterlichen Beurteilung des vierten Eingangsmerkmals.
Vorsitz: Martina Hahn, Sybille C. Roll
Die Arzneimitteltherapie in der Psychiatrie wird zunehmend komplexer. Neben den Kontraindikationen für Arzneimittel, rote Hand Briefen und Warnhinweisen, gilt es aber auch andere Faktoren bei der Wirkstoffauswahl zu berücksichtigen. Vor allem im Hinblick auf die demographische Entwicklung mit zunehmend alternder Gesellschaft werden wir mit zahlreichen multimorbiden, polypharmazeutisch behandelten Patienten konfrontiert. Unbeachtete oder nicht bekannte Wechselwirkungen können zu einer Vielzahl von Komplikationen führen, die nicht nur die Gesundheit des Patienten gefährden, sondern auch volkswirtschaftlich von Relevanz sein können. Hier ist im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit nicht nur die detaillierte Kenntnis über Indikationen und Zulassungen, sondern auch eine besonders sorgfältige Auswahl ggf. unter Einbeziehung genetischer Faktoren eines geeigneten Medikamentes mit geringem Wechselwirkungspotential erforderlich. Wo liegen aber die Unterschiede der Wirkstoffe, wie kann man durch geeignetes Monitoring die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen? Wie wähle ich interaktionsfreie Kombinationen? Sowohl pharmakodynamische als auch pharmakokinetische Eigenschaften der Wirkstoffe sollen dabei am Beispiel der Antidepressiva und Antipsychotika vergleichend dargestellt werden. Des Weiteren werden die Indikationsgebiete, der durch randomisierte placebokontrollierte Studien nachgewiesenen positiven Effekte von off-label-use in begründeten Fällen besprochen. An Fallbeispielen soll dieses Wissen vertieft werden. Aber auch hinsichtlich Wirksamkeit sollen die Arzneimittel bei verschiedenen Indikationen vergleichend dargestellt werden: evidenzbasierte Pharmakotherapie und pharmakogenetische Befunde um das Outcome des Patienten zu verbessern. Auch dies soll an Fallbeispielen geübt werden. Es dürfen dazu eigene Fälle mitgebracht werden. Nicht zuletzt soll der Workshop auch darstellen, wie Ärzte und Apotheker interdisziplinär nach dem „Eichberger Modell“ zusammenarbeiten können, um die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen. Der Workshop soll einen Überblick über Psychopharmaka, deren Indikationsgebiete, Wirk- und Nebenwirkungsspektren sowie Interaktionen und Pharmakogenetik bieten, und den Teilnehmern mehr Sicherheit bei der Auswahl und dem Einsatz der Medikamente für den individuellen Patienten vermitteln.
Didaktische Methode: Interaktiver Workshop mit Vortrag und Bearbeitung von Fallbeispielen in der Gruppe, Besprechung eigener Fälle der Teilnehmer.
Zielgruppe: Assistenzärzte, Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie.
Vorsitz: Elisabeth Schramm
Vor dem Hintergrund des Wandels der Arbeitswelt wurde eine stetige Zunahme depressiver Erkrankungen am Arbeitsplatz festgestellt. Arbeitsstress wird von den Betroffenen als die Hauptursache für ihre Depression genannt. Dabei spielen insbesondere eine hohe Arbeitsbelastung bei gleichzeitig eingeschränktem Entscheidungsspielraum, geringe soziale Unterstützung, Konflikte am Arbeitsplatz, und Gratifikationskrisen eine Rolle. Basierend auf der Tatsache, dass Arbeit als soziale Rolle in einem interpersonellen Kontext stattfindet, wurde im Rahmen der Interpersonellen Psychotherapie (IPT) ein spezifisches arbeitsstress-bezogenes Gruppenprogramm entwickelt und evaluiert.
Das Programm fokussiert auf die Kommunikation speziell am Arbeitsplatz (z. B. bei Konflikten), auf belastende, unfreiwillige Veränderungen (z. B. Chefwechsel), und sozialen Rollenstress (z. B. Kollege und Vorgesetzter in einer Person), aber auch auf die Reduzierung äußerer stressbehafteter Arbeitsbedingungen. Im Rahmen der Therapie werden die individuellen Arbeitsbelastungsfaktoren erarbeitet sowie persönliche Dysbalancen (z. B. zwischen Verausgabung/Arbeitseinsatz und Wertschätzung) ermittelt und mit Hilfe verbesserter interpersoneller Kompetenzen verändert. In der Gruppe sollen Strategien erworben werden, um mehr Balance zwischen Alltag und Arbeit zu finden und eine werteorientierte Lebensweise am Arbeitsplatz zu verfolgen.
Die IPT bewährte sich zur Behandlung arbeitsbezogener depressiver Störungen in ersten Untersuchungen als eine wirksame Methode (Schramm et al, 2020). Der Workshop ist ausschließlich praxisbezogen (Video- und Falldemonstrationen, Übungen, Rollenspiele) und ermöglicht den sofortigen Einsatz einzelner Elemente.
Vorsitz: Henrik Walter, Jonathan Hennssler, Lasse Brandt
Über die Indikation zur Behandlung mit Antidepressiva und Antipsychotika, ihre Wirkungsstärke und Nebenwirkungen gibt es eine ausführliche Debatte und reichhaltige Studienlage, die ärztliches Handeln leiten kann. Inzwischen hat sich ein evidenzbasierter, vorsichtigerer Umgang mit Indikation und v.a. der Dosis und Dauer medikamentöser Behandlungen mit diesen Substanzgruppen durchgesetzt. Über die Reduktion und das Absetzen dieser Medikamente ist dagegen viel weniger bekannt - obwohl sie klinisch eine immer größere Rolle spielen und das Absetzen von Medikamenten zu Problemen führen kann. Es kann zu Entzugs- und Absetzsymptomen kommen, die je nach pharmakologischen Eigenschaften unterschiedlich sind. Da diese den Krankheitssymptomen ähnlich sind, kann es zu Verwechslungen mit Rückfällen kommen. Oft setzen Patienten Medikamente von allein abrupt ab, während ein begleitetes, langsames Ausschleichen die Regel sein sollte. Inzwischen gibt es eine zunehmende Anzahl von Studien, die sich mit diesen Fragen beschäftigen. In dem Workshop sollen die wissenschaftlichen Grundlagen von Reduktions- und Absetzphänomenen dargestellt werden, Beispiele aus der Praxis geschildert und diskutiert werden und Empfehlungen zum Umgang mit Reduktion und Absetzen gegeben werden.
Vorsitz: Jens G. Acker, Kneginja Richter
Schlafstörungen weisen hohe Prävalenzen von bis zu 30% auf 1 und treten komorbid mit einer Reihe von somatischen (z. B. Schmerz) und psychiatrischen Beschwerden auf (z. B. Depression). Grundkenntnisse in der schlafmedizinischen Differenzialdiagnostik sind deswegen von großer klinischer Bedeutung.
Methode
Teil 1 – Diagnostik: Orientiert an den Leitsymptomen Ein- und Durchschlafstörung, gestörte nächtliche Motorik und gestörte nächtliche Atmung wird ein Überblick über die gezielte Anamneseerhebung und Differenzialdiagnostik gegeben. Hierbei werden die wesentlichen neurologischen, psychiatrischen und internistischen Erkrankungen berücksichtigt. Abklärungsempfehlungen werden anhand von Fallvignetten erarbeitet. Verfahren zur Differenzierung von Tagesmüdigkeit und Tagesschläfrigkeit werden ebenso vorgestellt.
Teil 2 – Therapie: Kognitiv-behaviorale Therapieverfahren haben in den letzten 15 Jahren bei den häufig vorkommenden Insomnie- Formen eine gute Wirksamkeit gezeigt. Ambulant durchführbare Therapieoptionen werden aus Sicht des niedergelassenen Behandlers vorgestellt, das Vorgehen bei stationärer kognitiv-behavioraler Insomnie-Therapie aus der Sicht des Klinikers.
Darüber hinaus werden die Therapieoptionen bei Restless-Legs-Syndrom, Störung der zirkadianen Rhythmik6 und Hypersomnien anhand von klinischen Fällen diskutiert.
Ergebnisse
Der 1-Tages-Workshop soll einen Überblick über die wesentlichen zur Verfügung stehenden Abklärungsschritte bei Schlafstörungen geben. Der Workshop weist eine hohe Praxisorientierung auf (ca. 40 % praxisnahe Fälle) und soll die Teilnehmer zu einer an aktuellen Erkenntnissen orientierten Basisversorgung befähigen.
Vorsitz: Michael Franz, Sara Lucke, Hans Gunia
Aufgrund häufiger Krisen mit Selbstverletzungen, Suizidversuchen, Hochrisikoverhalten sowie multipler Komorbidität finden sich viele Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) in stationärer, psychiatrischer Behandlung. Da unspezifische Therapieangebote auf allgemeinpsychiatrischen Stationen dysfunktionale Verhaltensmuster und Grundannahmen bei BPS verstärken und die Anzahl der Wiederaufnahmen erhöhen können (Jerschke et al. 1998, Bohus 2007), empfehlen die S2 Leitlinien die Dialektische Behaviorale Therapie (DBT) als Therapie der Wahl für BPS (Evidenzgrad Stufe Ia). Für eine DBT-Therapie sollten Patienten ein Commitment für die Behandlung sowie ein hinreichendes Durchhaltevermögen aufweisen. Bei schwer kranken Borderline-Patienten in der Akutpsychiatrie fehlen diese Voraussetzungen jedoch meist. So kommt es zu einer rezidivierenden und oftmals hochfrequenten Inanspruchnahme von Notaufnahmen, allgemeinpsychiatrischen und anderen Stationen wegen der og. Krisen oder Komorbidität, ohne den Weg in eine effektive, ambulante DBT gefunden zu haben. Zur Behebung des aufgezeigten strukturellen Mangels wurde das multiprofessionelle Behandlungssetting einer DBT-zertifizierten Spezialstation um Module ergänzt, die eine Anwendung des DBT-Programms auch bei akuten bzw. schwer gestörten Patienten möglich machen. Im Workshop wird dieses Behandlungskonzept von geschulten Mitarbeitern (Arzt, Psychologe, Pflege) theoretisch und praktisch vorgestellt. Es umfasst 1) das DBT-Programm, 2) eine Krisen-Intervention auf DBT-Basis für akut bzw. notfallmäßig aufgenommene Borderline-Patienten sowie 3) eine akutpsychiatrisch-diagnostisch- stabilisierende Regelbehandlung mit modifizierten DBT-Elementen. Neben den Standard-Bausteinen der DBT wird der Umgang mit BPS-Akutpatienten ohne Commitment, ‚Dos und Don’ts‘ bei BPS-Krisen, Selbstschädigungen, Suizidalität und anderen dysfunktionalen Verhaltensmustern demonstriert. Anhand von Kasuistiken werden die Behandlungen einer Borderline-Patientin mit stationärer DBT und einer schwerkranken komorbiden, zunächst nicht-DBT-fähigen Patientin dargestellt. Dabei wird veranschaulicht, wie selbst bei schwer gestörten, komorbiden Borderlinepatienten im og. Setting eine DBT-Behandlung mit guten Behandlungsergebnissen möglich ist.
Methode: Handout, Präsentation, Demonstrationen, Übungen, Rollenspiele, Klinische Fälle, Diskussion
Zielgruppe: Ärzte, Psychologen, Pflegepersonal, zumindest Grundkenntnisse in DBT sind vorteilhaft, aber nicht zwingend
Vorsitz: Burkhard Matzke
Braucht es eine klinische Supervision in der psychiatrischen Praxis und wenn ja warum, wem dient sie? Ist Supervision im klinischen Alltag nicht längst fest etabliert? Was muss eine klinische Supervision leisten? Wodurch wird sie bestimmt? Worin unterscheidet sie sich von einer allgemeinen Supervision oder von verfahrensspezifischen Supervisionen der Psychotherapie?
Die Psychiatrie verfügt heute über eine Vielzahl sich immer weiter entwickelnde Methoden der Behandlung. Der Kenntnisgewinn ist für den einzelnen Praktiker nicht mehr zu erfassen, geschweige denn in eine Erkenntnis für das praktische Tun zu übersetzen. Durch die Fachgesellschaften werden die zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Evidenzen für die Behandlung der verschiedenen psychischen Erkrankungen in Leitlinien zusammengefasst, die eine schnelle Orientierung erlauben. Somatotherapeutische, psychotherapeutische, soziotherapeutische und komplementärtherapeutische Methoden finden hier ihre Berücksichtigung.
Die Psychiatrische Praxis scheint jedoch immer noch allzu oft von einer Dichotomie der therapeutischen Kulturen mit ihren divergierenden Einstellungen, Operationalisierungen und wissenschaftlichen Überzeugungen (Streeck und Dümpelmann 2006) geprägt zu sein, die Patienten „häufig noch immer in psychiatrische und psychotherapeutische unterscheiden und entsprechend selektiv weiter“ verweisen. Diese kulturelle Dichotomie der Biologie und Psychotherapie scheint auch heute noch eine Gruppenformatierung der Psychiater in die Gruppe der Nüchternen und der Einfühlsamen (Kandel 2008) zu bewirken.
Hinzu tritt die innerhalb der Psychotherapie kontrovers geführte Debatte, was denn da nun wirksam ist, bei den verschiedenen psychotherapeutischen Methoden. Sind es spezifische oder allgemeine Wirkfaktoren oder aber beides, die Veränderung induzieren (Norcross 2005, Cuijpers et al. 2019, Leichsenring et al. 2019)?
Es kann nicht um ein Entweder - Oder der Somato- oder Psychotherapie (Streeck und Dümpelmann 2006) bzw. der Biologie oder der Psychotherapie gehen, sondern um ein konzeptuell-heuristisch geleitetes Sowohl als Auch der Behandlungskomposition, welches auf der synergistischen Interaktion der Systeme fußt (Kandel 1998).
Für die Aus- und Weiterbildung in der Psychiatrie bedarf es im Besonderen einer klinischen Supervision, die auf die besonderen Gegebenheiten des psychiatrischen Kontextes eingeht (Brasch et al. 2004, Gottfried 2012).
Im Rahmen der Auseinandersetzung der DGPPN mit der neuen Musterweiterbildungsordnung entstand die Idee, Interessenten eine auf die Besonderheiten der Psychiatrie hin ausgerichteten Supervisionsfortbildung anzubieten. Seit 2016 wird durch die Akademie der DGPPN das Fortbildungscurriculum „Klinische Supervision DGPPN“ angeboten. Mittlerweile haben 108 Kolleginnen und Kollegen diesen zweijährigen Kurs absolviert und neue Kurse beginnen im September 2021 und Frühjahr 2022.
Der Workshop richtet sich besonders an Kollegen und Kolleginnen, die im klinisch psychiatrischen Kotext tätig und in ihrem beruflichen Alltag auch mit der Aus- und Weiterbildung von Kolleginnen und Kollegen in der Psychiatrie betraut sind. Der Workshop soll den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Einblick in das Thema der klinischen Supervision unter Berücksichtigung der eigenen beruflichen Praxis ermöglichen.
Dr. med. B. Matzke verantwortet die wissenschaftliche und organisatorische Leitung dreier Jahrgänge des Fortbildungscurriculums „Klinische Supervision DGPPN“. Er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Tätigkeit als Dozent und Supervisor u. a. am ZPP der Universität Heidelberg. Psychotherapieausbildung in Verhaltenstherapie, DBT, Schematherapie, IPT und CBASP. Arbeitsschwerpunkte: Psychotherapie in der Akutpsychiatrie, Gruppenpsychotherapie, Klinische Supervision in der Psychiatrie.
Didaktische Methoden: Präsentation, Kleingruppenarbeit, Diskurs, Demonstrationen und Handout.
Literatur
Brasch, Jennifer; Glick, Rachel Lipson; Cobb, Thomas G.; Richmond, Janet (2004): Residency Training in Emergency Psychiatry: A Model Curriculum Developed by the Education Committee of the American Association for Emergency Psychiatry. In: Academic Psychiatry 28 (2), S. 95–103. DOI: 10.1176/appi.ap.28.2.95.
Cuijpers, Pim; Reijnders, Mirjam; Huibers, Marcus J.H. (2019): The Role of Common Factors in Psychotherapy Outcomes. In: Annu. Rev. Clin. Psychol. 15 (1), S. 207–231. DOI: 10.1146/annurev-clinpsy-050718-095424.
Gottfried, Kurt (2012): Supervision in Psychiatrischen Kliniken. Eine europäische empirische Multicenter-Vergleichs-Studie; Fallsupervision versus Teamsupervision. Zugl.: Köln, Univ., Diss., 2011. Hamburg: Kovac̆ (Studienreihe psychologische Forschungsergebnisse, 167).
Freyberger, Harald J. (2018): Qualifikationsanforderungen und Schulungsansätze für Ausbildungssupervisoren im Bereich der Psychotherapie – ein Überblick. In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching 25 (4), S. 419–428. DOI: 10.1007/s11613-018-0570-4.
Kandel, Eric R.; Bischoff, Michael (2008): Psychiatrie, Psychoanalyse und die neue Biologie des Geistes. 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 1860).
Kandel, E. R. (1998): A new intellectual framework for psychiatry. In: AJP 155 (4), S. 457–469. DOI: 10.1176/ajp.155.4.457.
Leichsenring, Falk; Abbass, Allan; Beutel, Manfred; Gündel, Harald; Heuft, Gereon; Hoffmann, Sven Olaf et al. (2019): Vom Sinn des Verfahrenskonzepts und der Verfahrensvielfalt – und warum das Baukasten-System in der Psychotherapie nicht funktioniert. In: Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie 65 (4), S. 321–340. DOI: 10.13109/zptm.2019.65.4.oa1.
Norcross, John C. (2005): A Primer on Psychotherapy Integration. In: John C. Norcross und Marvin R. Goldfried (Hg.): Handbook of psychotherapy integration. 2nd ed. New York: Oxford University Press (Oxford series in clinical psychology), S. 3–23.
Streeck, U. und Dümpelmann, M. Psychotherapie in der Psychiatrie. In Böker, Heinz (Hg.) (2006): Psychoanalyse und Psychiatrie. Geschichte, Krankheitsmodelle und Therapiepraxis. Heidelberg: Springer.
Vorsitz: Nahlah Saimeh
Die Begutachtung von Sexualstraftätern gehört wegen der großen Heterogenität von Störungsbildern und differentiellen sexualforensischen Aspekten zu der besonderen Herausforderung der forensisch- psychiatrischen Begutachtung. Sowohl die Anamnese als auch die Erstellung von Risiko-Profilen verlangt eine besonders profunde Fähigkeit zur Erarbeitung einer Delikthypothese. Die Delikthypothese beeinflusst auch das kriminaltherapeutische Angebot zur Senkung der Rückfallgefahr. Inhalte dieses Seminars sind spezifisch forensisch und werden im Grunde nicht durch die Facharztausbildung in der Allgemeinen Psychiatrie abgedeckt. Der Workshop richtet sich an Sachverständige mit Grunderfahrungen und mit moderater beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Begutachtung im Strafrecht. Für langjährig tätige, hoch erfahrene Sachverständige ist der Workshop hingegen redundant.
Vorsitz: Jan Philipp Klein
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Chronische Depressionen beginnen häufig vor dem 21. Lebensjahr und sind oftmals Folge von traumatischen zwischenmenschlichen Erfahrungen. Infolge dieser Erfahrungen zeigen Patient*innen mit chronischer Depression ein tiefgreifendes Muster von Vermeidung zwischenmenschlicher Beziehungen. Ihr Denken ist geprägt von der Annahme „egal was ich tue, es wird sich ohnehin nichts ändern“ (präoperatorisches Denken). Die Verhaltenstherapie chronischer Depressionen erfordert daher interpersonelle Strategien, die im Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) auf innovative Art mit verhaltenstherapeutischen Techniken kombiniert werden. Mittlerweile belegen mehrere kontrollierte Studien die Wirksamkeit des CBASP. In diesem Kurs wird ausgehend von den eigenen Erfahrungen der Teilnehmenden mit ihren chronisch depressiven Patient*innen das Störungsmodell der chronischen Depression interaktiv erarbeitet. Der Fokus der darauf folgenden Rollenspiele liegt auf der persönlichen Gestaltung der therapeutischen Beziehung (disciplined personal involvement – DPI). Diese CBASP-Technik ist von besonderer Bedeutung zu Beginn der Behandlung und in schwierigen Situationen im Laufe der Therapie. Die Teilnehmer des Workshops lernen, wie die Beziehungsgestaltung in diesen Situationen genutzt werden kann, um mit den Patient*innen eine vertrauensvolle und konstruktive therapeutische Beziehung aufzubauen. Auf diese Weise werden sie in die Lage versetzt, therapeutische Fortschritte mit anderen Techniken des CBASP (vor allem der Situationsanalyse) zu machen.
Zielgruppe: Ärztliche und Psychologische Psychotherapeut*innen sowie Pflegende mit Erfahrungen in der Verhaltenstherapie chronischer Depression.
Methode: kurzer interaktiver Vortrag, Demonstration sowie Einübung der CBASP-Techniken zur diszipliniert persönlichen Gestaltung der therapeutischen Beziehung in Rollenspielen. Als Grundlage für die Rollenspiele können gerne eigene Fallbeispiel der Teilnehmer dienen.
Vorsitz: Beate Deckert
PKP beinhaltet kurze psychiatrische und psychotherapeutische Strategien in Praxis und Klinik auch außerhalb der Richtlinien-Psychotherapie.
Die Arbeitsgruppe PKP wurde auf dem DGPPN Kongress 2009 in Berlin von einigen in psychiatrisch-psychotherapeutischer Klinik oder Praxis tätigen DÄVT- und DGPPN- Mitgliedern gegründet. Ihre Initiative entstand aus vielen Gedanken, wie die Vielfalt bekannter therapeutischer Maßnahmen konkreter im Routine-Alltag psychiatrischer Versorgungssysteme nutzbar gemacht werden kann, da kaum strukturierte psychotherapeutische Interventionen außerhalb der Richtlinien-PT stattfinden.
PKP verfolgt eine systematische Therapiestrategie mit Hilfe von aneinander gereihten Sprechstundenkarten (SSK) als Fortsetzungsserie von kurzen (10 bis 25-minütigen) psychiatrischen und psychotherapeutischen Interventionen. Konzeptuelle Basis ist das 3-Säulen-Modell der Strategischen Kurzzeittherapie: Symptomtherapie (psychiatrisch), Fertigkeitentraining (verhaltenstherapeutisch), Persönlichkeitsentwicklung (psychodynamisch). In diesem Workshop erfolgt die Einführung in die PKP-Sprechstundenkarten für das Störungsbild Depression. Ambulante und stationäre Anwendungen sind inhaltlich aufeinander abstimmbar und können sich ergänzen. Sie integrieren transparent mehrere Therapeuten des den Patienten behandelnden Teams ohne Verlust des Gesamtkonzepts. Die Sprechstundenkarten - für alle besteht eine Kopiererlaubnis - liegen durch beschriftete Reiter übersichtlich geordnet in Karteikästen und sind individuell erweiterbar. Sie geben einen Leitfaden für Patientenkontakte über mehrere Termine und bedienen gleichzeitig auch Leitlinien, Dokumentationsverpflichtungen, Supervision und Ausbildung durch Theorieausführungen auf den Rückseiten. Zu Therapie-Ende liegt je Patient ein PKP-Ordner in Papierform vor: für den Patienten als Selbsthilfebuch bzw. dem Therapeuten als Behandlungs- und Dokumentationsnachweis.
Es gibt alternativ eine digitale PDF- Datei- Fassung als Kopiervorlage; das angestrebte Ziel der digitalen Nutzung ist die direkte Beschriftung auf dem PC/Pad und das platzsparende Speichern der bearbeiteten SSK auf einem externen Speicher-Medium (z. B. USB-Stick). Beide Techniken werden im Kurs demonstriert. Die Anwendung im Einzelsetting bei depressiven Patienten erfolgt erfolgversprechend seit nun schon über10 Jahren in mehreren Praxen und Kliniken. In einigen Kliniken starteten Anwendungen im Gruppensetting auf der Station bzw. in Tageskliniken. Im Workshop werden Einzel- und Gruppenkonzepte der "PKP der Depression" theoretisch vorgestellt und zugleich in der praktischen Durchführung trainiert. Die einfache Handhabung der Sprechstundenkarten mit Visualisierungshilfen hilft auch bei Sprachbarrieren im therapeutischen Kontakt. PKP-Depression ist als Handbuch in der deutschen, englischen, türkischen, russischen, polnischen und ungarischen Sprache veröffentlicht.
Vorsitz: Christian Plewnia, Frank Padberg
Die repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS) etabliert sich gegenwärtig weltweit als wirksames psychiatrisches Therapieverfahren. Über elektromagnetische Induktion wird bei der rTMS die Aktivität kortikaler Hirnareale (des Präfrontalkortex bei Depression, des Temporoparietalkortex bei auditorischen Halluzinationen) gezielt und über die Zeit der Stimulation hinaus anhaltend moduliert. Durch wiederholte Anwendung über mehrere Wochen werden neuroplastische Prozesse induziert, die zu einer nachhaltigen Besserung der für die entsprechende Symptomatik charakteristischen Veränderungen neuronaler Netzwerkaktivität führen können. Aktuelle Metaanalysen zeigen die Wirksamkeit dieses Verfahrens in der Behandlung depressiver Störungen auf höchstem Evidenzniveau und eine mögliche Wirksamkeit bei auditorischen Halluzinationen.
Nach einer Begrüßung und kurzen Vorstellung der Teilnehmer (ca. 10 Min) werden in diesem Workshop die methodischen und neurophysiologischen Grundlagen der rTMS dargestellt, die relevanten klinischen Studien präsentiert und das konkrete evidenzbasierte Vorgehen bei der klinischen Anwendung vermittelt (ca. 60 Min). Nach einer Pause (ca. 15 Min) haben die Teilnehmer die Möglichkeit sich in praktischen Übungen selbst mit den etablierten Stimulationsparadigmen (hoch- und niederfrequente rTMS, kontinuierliche und intermittierende Theta-Burst-Stimulation) vertraut zu machen (ca. 80 Min.). Nach einer weiteren Pause (ca. 15 Min.) werden individuelle Fragen zu Indikationsstellung, speziellen Anwendungsfällen sowie Herausforderungen und Grenzen der klinischen Anwendung diskutiert. Möglichkeiten zur Verbesserung von klinisch-praktische Abläufen und unterschiedlichen Abrechnungsmöglichkeiten der rTMS-Behandlung werden erarbeitet (60 Min.).
Vorsitz: Klaus Wölfling, Kai W. Müller
Internetbezogene Störungen (Internetsucht) stehen aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung in allen Lebensbereichen ungebrochen im Fokus des öffentlichen Interesses. Die psychischen Folgeerscheinungen der exzessiven Spiel-, social media- oder der Pornographienutzung haben oft einen verheerenden negativen Einfluss auf die Lebensqualität und den weiteren Lebensweg der Betroffenen im Sinne einer ernstzunehmenden psychischen Krankheit. Insgesamt ist mit einem wachsenden Behandlungsbedarf – vor allem auch als Komorbidität im Bereich der Persönlichkeitsstörungen - zu rechnen.
Zielgruppe: In Kliniken tätige oder niedergelassene Psychiater, Psychologen, Psychologische und Ärztliche Psychotherapeuten, psychologische Berater, Suchtberater, Suchttherapeuten
Didaktische Methode: Im Weiterbildungsworkshop wird ein Überblick über den aktuellen Kenntnisstand zur Entstehung, Verbreitung und Diagnostik der internetbezogenen Störungen (Internetsucht, insbesondere Online-Computerspielsucht und Onlinesexsucht) gegeben. Die Referenten behandeln seit Jahren erfolgreich in der Mainzer Ambulanz für Spielsucht Betroffene mit Internet- aber auch Glücksspielsucht. Eine RCT-basierte Studie zur Überprüfung der Effektivität des in Mainz entwickelten psychotherapeutischen Vorgehens wurde kürzlich in der renommierten Zeitschrift JAMA Psychiatry veröffentlicht. Im Workshop wird sowohl auf neurobiologische Studienergebnisse als Basis des auf Lerntheorien basierenden therapeutischen Vorgehens, wie auf auch auf Studien aus dem Kindes- und Jugendalter eigegangen, um potenzielle Risikofaktoren für die Entstehung Internetsucht zu vermitteln. Hierbei ist der Praxisbezug hoch, da so auch konfrontative Verfahren (wie z. B. das Expositionstraining) schlüssig hergeleitet werden. Die verhaltenstherapeutisch orientierte ambulante Behandlung der Internet- und Computerspielsucht wird praxisorientiert unter Zuhilfenahme von videodokumentierten Fallbeispielen vorgestellt werden.
Vorsitz: Ruth Veckenstedt, Steffen Moritz
Psychotherapie gewinnt bei der Behandlung von Menschen mit Psychosen zunehmend anBedeutung und wird mittlerweile auch durch die Behandlungsrichtlinien der DGPPN empfohlen. Das von unserer Arbeitsgruppe entwickelte Metakognitive Training für Patienten mit Schizophrenie (MKT) findet sich ebenfalls in den Behandlungsempfehlungen von Fachgesellschaften wie der DGPs für die Behandlung der Schizophrenie. Ziel des MKT ist es, Denkverzerrungen zu reflektieren (Meta-Ebene), die bei Patienten mit Schizophrenie mit der Entstehung und Aufrechterhaltung von Wahn in Verbindung gebracht wurden (z. B. voreiligesSchlussfolgern, Überkonfidenz, Unkorrigierbarkeit und Schwierigkeiten beim Einfühlen). Ziel des aus zehn Modulen bestehenden MKT ist es, das Bewusstsein für die kognitiven und metakognitiven Auffälligkeiten bei den Betroffenen zu schärfen. Den Patienten werden die vielfältigen negativen Folgen der kognitiven Tendenzen durch spielerische Aufgaben erfahrbar gemacht und deren mögliche Konsequenzen für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Symptomatik verdeutlicht. Darüber hinaus werden auch die Themen Depression und Selbstwert mit typischen Denkverzerrungen thematisiert, da viele Patienten hier einen klaren Behandlungswunsch äußern und affektive Störungen b ei Psychose sehr prävalent sind. Das MKT ist niedrigschwellig, leicht zu implementieren und verfolgt über die Behandlung von Denkverzerrungen einen „Hintertüransatz“. Herr Prof. Moritz wurde 2010 für das MKT mit dem Psychotherapiepreis der DGPPN ausgezeichnet. Als Weiterentwicklung aus dem Gruppentraining entstand das individualisierte Metakognitive Therapieprogramm für Menschen mit Psychose (MKT+), welches zusätzlich Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie aufgreift und eine Behandlung individueller Probleme und Wahnüberzeugungen erlaubt. Zwei aktuelle Meta-Analysen zeigen (Eichner & Berna, 2016, Schizophrenia Bulletin; Liu et al., 2018, Worldviews on Evidence-Based Nursing), dass das Training signifikante Effekte auf Wahn und Positivsymptomatik allgemein ausübt. Die Akzeptanz des Trainings bei den Patienten erreicht sogar eine hohe Effektstärke. Neuere Studien lassen darauf schließen, dass der Ansatz auch über den Interventionszeitraum hinaus psychotische Symptome reduziert. Der 1-tägige Workshop gibt eine praxisnahe Einführung in das Metakognitive Gruppentraining und MKT+, die es Ihnen ermöglicht, dass Training selbst durchzuführen. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
Vorsitz: Tanya Kochuparackal, Thomas Meier
Einleitung
Gerichtlich angeordnete Behandlungen bei psychisch kranken Straftätern umfassen neben psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsaspekten stets auch legalprognostische Beurteilungen und ein daraus abgeleitetes Risikomanagement. Der Basler Kriterienkatalog eignet sich dazu, deliktrelevante Risikofaktoren, Ressourcen sowie störungs- und behandlungsbezogene Entwicklungen interdisziplinär zu beleuchten, delinquenzbezogen zu bewerten, Risikoszenarien zu entwickeln und deliktpräventive Interventionsansätze zu generieren.
Grundlagen
Beim Basler Kriterienkatalog handelt es sich um ein idiografisches Instrument zur Beurteilung der Legalprognose. Eingeschliffene individuelle Verhaltensmuster, die das Wiederauftreten delinquenter Verhaltensweisen wahrscheinlich machen, werden zusammen mit täter- und tatbezogenen Merkmalen zur Grundlage der Beurteilung herangezogen. Dieses Konzept entspricht weitgehend denen der sogenannten kriteriengeleiteten Expertenbeurteilungen ("Structured Professional Judgements"). Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist nicht der gruppenstatistische Durchschnittszusammenhang zwischen Risikomerkmal und Rückfallwahrscheinlichkeit, sondern eine differenzierte retrospektive Analyse spezifischer Gegebenheiten des Einzelfalls. Anhand der Analyse soll eine massgeschneiderte Erklärungshypothese für die Anlassdelinquenz hergeleitet werden, welche dann prognostisch fortgeschrieben wird. Der Katalog umfasst 12 Bereiche, in denen jeweils mehrere Kriterien hinterlegt sind, deren statische und dynamische Bedeutung hinsichtlich der Rückfallgefahr erklärt werden. Dieses klinisch bereits bewährte Prognoseinstrument wurde im Jahr 2018, durch eine interprofessionelle Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der Psychiatrie, Psychologie und Pflege in einem Peer-Review-Prozess aktualisiert.
Methode
Theoretische Einführung und praktische Anwendung des Kriterienkatalogs anhand von Fallbeispielen.
Ziele
Die Teilnehmenden kennen Vor- und Nachteile intuitiver und systematischer Risikoeinschätzungen, statische und dynamischen Risikofaktoren und die Bedeutung protektiver Faktoren. Sie sind in der Lage Risiken zu erfassen, Risikoszenarien zu entwickeln und Managementstrategien abzuleiten.
Literatur
Hachtel, H., Vogel, T. & Graf, M. (2019). Überarbeitung des Basler Kriterienkataloges zur Beurteilung der Legalprognose („Dittmann-Liste“). Aktuelle Version des Arbeitsinstruments der Konkordatlichen Fachkommission zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit von Straftätern der Nordwest- und Innerschweiz. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 13:73–80.